Samstag, 13. Mai 2023, 18:00, Kino des DFF
In diesem Programm werden drei Künstler*innen vorgestellt, die – vorübergehend oder dauerhaft – Amsterdam zu ihrer kreativen Heimat gemacht haben. Durch die hier präsentierten Filme zieht sich eine gemeinsame Vorliebe für analoge Texturen und ein DIY-Geist, sei es auf Super-8-mm-Film, Video oder der malerischen Qualität von 16-mm-Kodachrome-Material. Aber ihre Arbeiten teilen auch ein exzentrisches Interesse an einer Rebellion gegen die Realität mit Hilfe von theatralischen und performativen Gesten- jede in ihrem ganz eigenen Ausdruck.
Die animierten Collagen von Martha Colburn erzeugen oft eine zweideutige Spannung zwischen der komischen Präsentation der handgefertigten Figuren und der thematischen Ernsthaftigkeit ihrer mythen-durchbrechenden, gesellschaftlichen Panoramen.
Ida Lohmans visuelle Kompositionen behandeln die Verletzlichkeit ihrer weiblichen Identität. Dafür nutzt sie die Form der Theatralik, um Ideale von Perfektion und normative Vorstellungen von Schönheit zu hinterfragen.
Henri Plaat schließlich untersucht spielerisch das Absurde im Theatralischen durch assoziative Improvisationen und setzt damit einen humorvollen Kontrast zur rauen Realität der gespenstischen Kriege, die Europa im 20. Jahrhundert erschütterten.

Groscher Lausangriff: Big Bug Attack (Martha Colburn, 2001, 16mm, Farbe, Ton, 3’)
Dieser Film wurde zum Lied Groscher Lausangriff des Musikers Felix Kubin gedreht, das sowohl einen inszenierten Schreibfehler als auch eine Illustration von einer weitverbreiteten politischen Aktion des Abhörens von Telefonen darstellt.
Gordina (Ida Lohmann, 1993, 16mm, Farbe, Ton, 30’’)
Ein peeping Tom starrt eine Frau hinter einem Busch an. Der Film ist eine humorvolle Anspielung auf die Funktionsweise von Werbung, aber auch auf weibliche Objektivierung und Geschlechterrollen.

XXX Amsterdam (Martha Colburn, 2005, Super8 auf DCP, Farbe, Ton, 3’)
Der Film wurde im Auftrag der niederländischen Regierung fertiggestellt, um eine ausstehende Wasserrechnung zu begleichen, und strotzt nur so vor energischen Schnitten und Figuren, die von Politikern bis zu Pornostars reichen.

Cosmetic Emergency (Martha Colburn, 2005, 35mm, Farbe, Ton, 8’)
Cosmetic Emergency erforscht die Idee der Schönheit durch eine Collage aus lyrischen Animationen und Live-Action Sequenzen. Als Filmessay über den ewig aktuellen Kosmetik-Trend und die unsterbliche Qualität der Malerei sucht der Film nach den menschlichen Werten abseits der äußeren Schale.

Wonderful One (Ida Lohmann, 1990, video auf DCP, Farbe, Ton, 2’30)
Begleitet von Anne Sheltons Lied “Kiss of Fire” versucht eine Frau ein Schönheitsideal zu erreichen. Doch durch diese spielerische Darbietung kehrt sie den Spott gegenüber den Geschlechterstereotypen um und versucht, sie zu demontieren.
Lidia Erotiek (Ida Lohmann, 1990, video auf DCP, Farbe, stumm, 1’30)
Eine Frau streichelt mit erotischen Anspielungen einen Blumenstrauß und schaut dabei in die Kamera. Ihr Blick provoziert den Betrachter, über seinen Gegenblick nachzudenken – und im Grunde über die Art des Sehens selbst.

Myth Labs (Martha Colburn, 2008, Super8 auf DCP, Farbe, Ton, 8’)
Der Film verwebt puritanische Visionen, Volkskunst, religiöse Allegorien und Opfer der US Methamphetamin-Epidemie miteinander. Myth Labs, das in der Wildnis der amerikanischen Grenzzone spielt, ist ein Werk über Angst, Paranoia, Glauben und Erlösung.

La Muerte en Vivo (Henri Plaat, 1985, 16mm, Farbe, Ton, 30’)
Für diese Meditation über den Tod lässt Plaat seine Kamera über einen Friedhof in Mexiko wandern, blickt auf Wände mit Fotografien und bunten Ornamenten und erzählt die Geschichte der Verstorbenen und ihrer individuellen Erinnerung.
Now That You Are Gone (Henri Plaat, 1977, 16mm, Farbe, Ton, 8’)
Der nächste und letzte Film dieses Programms ist das humoristische Gegenstück zu La Muerte en Vivo. Eine auf Rädern befestigte Mickey Maus Figur wird über den Pariser Friedhof Père Lachaise gezogen und erkundet ihre Umgebung.