TAUSEND TAKTE ÜBERMUT

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BRD 1965, 98 Minuten, Farbe, 35mm, Regie: Ernst Hofbauer, Darsteller: Vivi Bach, Rex Gildo,Thomas Alder, Margitta Scherr, Gus Backus, Edith Hancke, Gunther Philipp

Einige Zeit, bevor die deutsche Leinwand sich zur Spielwiese koitaler Freuden mauserte, sah sie sich noch gezwungen, entsprechendes Stürmen und Drängen hinter penibel geknöpften Hosenlätzen und ebensolchen Blusen zu verbergen. Gefühle* hatten ihre Bewohner allerdings dennoch. Ganz gewaltige sogar. Gefühle, die naturgemäß auch irgendwo hin erumpieren wollten. In Ermangelung sachgemäßerer Alternativen blieb den Leinwandmenschen daher kaum etwas anderes übrig, als im Angesicht ihrer libidinösen Notlage ab und an einen kräftigen Strahl heiteren Gesangs abzusondern. Das aus ihnen hervorberstende Liedgut befasste sich dabei maßgeblich mit Liebe, der Sehnsucht nach Liebe und der Beteuerung der Aufrichtigkeit von Liebe. Ein Umstand, der vor diesem Hintergrund kaum zu verwundern vermag. Aber auch, wenn die Empfängnis vielleicht eine unbefleckte war – der Schlagerfilm ward geboren!

Und so erscheint es rückblickend auch nur folgerichtig, dass die Filmemacher, die zu jener Zeit Töne aus Kehlen lockten, später selbiges mit jungen Damen und deren Garderobe tun sollten. Kein anderer als unser hochgeschätzter Namenspatron Ernst Hofbauer zeichnet sich beispielsweise für die Inszenierung von TAUSEND TAKTE ÜBERMUT verantwortlich. Das Drehbuch stammt gar aus der wohlbefeuchteten Feder Hans Billians, der später als Regisseur von HK-Klassikern wie KASIMIR DER KUCKUCKSKLEBER oder JOSEFINE MUTZENBACHER – WIE SIE WIRKLICH WAR zum König des deutschen Stehaufmännchen-Kinos avancieren sollte.
Sollten Sie, werter Leser dieser Zeilen, aber bereits ein geneigter und womöglich gar wiederholter Gast unserer bunten Soireen sein, hatten Sie dies vermutlich schon geahnt. Schließlich gab es erst anlässlich unserer jüngsten Zusammenkunft in Nürnberg Hofbauers und Billians vorangegangene Kollaboration HOLIDAY IN ST.TROPEZ zu bewundern. Ebenfalls ein Schlagerfilm, ebenfalls mit Hannelore Auer (ja, keiner geringeren als Heinos Herzensdiebin!) und zahlreicher weiterer Sangesprominenz inklusive schwingender Stimmbänder besetzt. Um an dieser Stelle das Fettnäpfchen all zu vollmundigen Name-Droppings zu umgehen, sei davon einzig Vivi Bach erwähnt. Mit dieser Information können Sie aber freilich verfahren, wie es Ihnen beliebt.

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In TAUSEND TAKTE ÜBERMUT verlegen Hofbauer und Billian die Szenerie nun von der französischen Provence an eine italienische Strandlandschaft, wo es fürderhin so manches Badehosengewebe einer Zerreißprobe zu unterziehen gilt. Heitere Turbulenzen nehmen ihren Lauf, wenn der Inhaber einer konkursnahen Plattenfirma (Thomas Alder) einer erfolgreichen Schlagersängerin (Hannelore Auer) in den Urlaub folgt, um sie dort zur Unterzeichnung eines firmenrettenden Vertrags zu nötigen. Da diese sich aber der Aufdringlichkeit ihrer zahllosen Verehrer überdrüssig zeigt, beschließt er, sich in der Anwendung paradoxer Psychologie zu üben und ihr so lange die kalte Schulter zu zeigen, bis sie ihm amouröserdings verfällt und darob unterschreibt. Blöd nur, dass die Gute sich gerade für kaum etwas weniger interessiert, als Plattenproduzentenschultern, geschweige denn deren Temperatur. Hannelore hat nämlich mit ihrem Feriendomizil so manches Hühnchen zu rupfen. Unzulänglicher Service und dauernde Extra-Kosten schlagen ihr aufs Gemüt. Einflussreiche Kosmopolitin, die sie ist, informiert sie daher flugs den Leiter der Hotelkette (Harry Hardt), der sich umgehend in eine waghalsige Undercover-Untersuchung stürzt, um die Vorwürfe auf Validität zu prüfen. Selbstredend ist all dies Ursprung haarsträubender Verwechs- und -wicklungen, die frequentiert Anlass zur Intonation populären Liedguts, sowie ungebremstem Klamauk geben.
„Trotz alledem werden die neun neuen Schlager ihr junges Publikum finden“, findet der katholische Filmdienst.

*Vgl. HK-Vereinsordnung, S.356, §84.7: „Hose (platzend)“

Aufrisstext: Hofbauer-Kommando