Poesie des Verstoßenen – Werkschau Thierry Zéno

Erstmals überhaupt in Deutschland widmet sich unsere Filmreihe am 28. und 29. September 2019 (Samstag + Sonntag) dem belgischen Filmemacher Thierry Zéno (1950–2017).

Porträtfoto Thierry Zéno

Als „Skandalfilme“ vermarktet, reduziert auf oberflächliche Schocks und ins Exploitation-Fach geschoben: das Kino des belgischen Dokumentar- und Experimentalfilmregisseurs Thierry Zéno hat trotz transgressiver Themen und Inhalte eigentlich nichts von dem, was ihm über die Jahrzehnte immer wieder unterstellt wurde. Abseits von simplen Kategorisierungen wie Ekelporno (Vase de noces) und Shockumentary (Des morts, 1979) geht der belgische Regisseur in seinem Werk vielmehr den kulturellen Aspekten des Verstoßenen auf den Grund: psychische Krankheit, Tod, aber auch gesellschaftliche Minoritäten wie die mexikanischen Tzotzil-Indianer oder „poètes maudits“ der Kunstgeschichte, wie der umstrittene belgische Grafiker Félicen Rops, sind Gegenstand seiner ethnologisch und kulturanthropologisch geprägten Experimental- und Dokumentarfilme.

Zénos erster Lang- und einziger Spielfilm, das missverstandene Außenseiterportrait Vase de noces (1974) über einen autistischen Bauern, der die Grenzen menschlicher Zivilisation auslotet, bleibt bis heute der einzige seiner Filme, dessen Bekanntheitsgrad über eingeweihte Underground-Kreise hinausgeht. Auch in den weiteren Dokumentar- und Porträtfilmen erweist sich das Kino Thierry Zénos als zutiefst humanistische und empathische Hinwendung zum gesellschaftlich Verstoßenen und Randständigen – ein Kino, das auch Zéno selbst immer wieder als „Sprachrohr für Außenseiter“ definierte, und dessen Wiederentdeckung gerade im heutigen weltpolitischen Klima, das das Fremde zunehmend auszugrenzen versucht, wertvolle Akzente setzen kann.

Die erste deutsche Werkschau zu Thierry Zénos filmischem Schaffen zeigt sowohl Lang- als auch Kurzfilme des 2017 verstorbenen Regisseurs, überwiegend in analogen 35- und 16mm-Projektionen, begleitet von film- und kulturwissenschaftlichen Einführungen.

Sebastian Schwittay, Filmkollektiv Frankfurt e.V.

Samstag, 28. September
18:30 Begrüßung
19:00 Bouche sans fond ouverte sur les horizons (1971) (DCP, 26 min, OmU)
20:00 Vase de noces (1974) (35mm, 81 min, kein Dialog)
22:00 Les tribulations de Saint Antoine (1984) (16mm, 40 min, OmU)

Sonntag, 29. September
13:00 Les muses sataniques (1983) (16mm, 60 min, OmU)
14:30 Chroniques d’un village tzotzil (1984-1992) (16mm, 99 min, OmeU)
17:30 ¡Ya Basta! Le cri des sans-visage (1995-1997) (DCP, 50 min, OmU)
19:00 Des morts (1979) (35mm, 102 min, OmU)

Eintritt: 5 EUR / Dauerkarten werden erhältlich sein
Ort: Festsaal im Studierendenhaus (Mertonstr. 26-28, 60325 Frankfurt am Main)

In Kooperation mit dem AStA der Goethe-Universität, der Pupille – Kino in der Uni e.V. und der Cinémathèque Royale de Belgique.
Unterstützt von der Hessen Film und Medien GmbH und dem Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main.

Abbildungen mit freundlicher Genehmigung von Zéno Films SPRL.